Netanjahu: Status quo am Tempelberg soll beibehalten werden
Jerusalem, 3.1.2023 (KAP/KNA) Der Status quo am Tempelberg soll nach Worten des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu von Dienstagnachmittag "strikt und unverändert" beibehalten werden. Netanjahu reagierte damit auf scharfe Kritik aus dem In- und Ausland am Besuch seines Ministers für nationale Sicherheit, dem Rechtsextremen Itamar Ben-Gvir, an der umstrittenen heiligen Stätte in der Jerusalemer Altstadt am Dienstagmorgen.
In seiner Erklärung wies Netanjahu Behauptungen als falsch zurück, der Besuch Ben-Gvirs stelle eine Änderung des bisherigen Zustands dar. "Im Rahmen des Status quo sind in den letzten Jahren Minister auf den Tempelberg gegangen, darunter auch der [frühere; Anm. d. Red.] Minister für öffentliche Sicherheit, Gilad Erdan", so der Regierungschef. Israel lasse sich von der palästinensischen Hamas nichts vorschreiben.
Vertreter der Palästinensischen Behörde und der Hamas im Gazastreifen hatten gewarnt, der Vorfall könne gefährliche Folgen für die Stabilität und Sicherheit der Region haben. Mehrere Länder, darunter Frankreich und die USA, mahnten einen Erhalt des Status quo an. Kritik kam auch aus Jordanien, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Ägypten sowie weiteren arabischen Ländern.
Religiös begründete Kritik am Vorgehen Ben-Gvirs kam laut Berichten des Senders Arutz Scheva vom sephardischen Oberrabbiner des Landes, Jitzchak Josef, sowie dem sephardischen Oberrabbiner Jerusalems, Schlomo Amar. Dieser erinnerte den Politiker an die zahlreichen religionsrechtlichen Urteile, nach denen der für den Besuch der heiligen Stätte erforderliche Zustand ritueller Reinheit gegenwärtig nicht zu erreichen sei und der Besuch gegen die Regeln der Torah verstoße. Josef wies in einem Brief an Ben-Gvir darauf hin, dass das Oberrabbinat Juden das Betreten des Tempelbergs verbiete und sich die Minister daranzuhalten hätten.
Ben-Gvir besuchte die heilige Stätte in der Jerusalemer Altstadt am Dienstagmorgen unter hohem Polizeischutz. Begleitet wurde der Vorsitzende der Partei Otzma Jehudit (Jüdische Stärke) laut Medien von jüdischen Tempelbergaktivisten. Nach Polizeiangaben verlief der Besuch ohne besondere Vorkommnisse. Ben-Gvir gilt als starker Verfechter von Gebetsrechten für Juden am Tempelberg. Wiederholt hatte er erklärt, den geltenden Status quo an der heiligen Stätte ändern und "gleiche Rechte für Juden" einführen zu wollen.
Der Tempelberg ist für Juden, Muslime und Christen eine wichtige Heilige Stätte. Bis zur Zerstörung durch die Römer im Jahr 70 befand sich an dieser Stelle der jüdische Tempel, zentrales Heiligtum Israels. Zahlreiche biblische und religiöse Überlieferungen wie die Erschaffung Adams und Evas, die Opferung Isaaks oder aufseiten des Islam die Himmelsreise Mohammeds sind mit dem Ort verbunden.
Der geltende Status Quo gestattet Nichtmuslime den Besuch, das öffentliche Gebet ist auf dem Tempelberg ist Muslimen vorbehalten. An Besuchen nationalistischer Israelis sowie an jüdischen Forderungen nach Gebetsrechten auf dem Tempelberg entzündete sich in der Vergangenheit wiederholt teils gewalttätiger Protest von Palästinensern. Ein Besuch des späteren israelischen Ministerpräsidenten Ariel Scharon auf dem Tempelberg 2000 gilt als Mitauslöser der zweiten Intifada.
Quelle: Kathpress