Religionspodcast: Was ist ein gerechter Friede für das Heilige Land?
"Die Menschen in Israel sehnen sich nach Frieden." Das betont der Wiener Oberrabbiner Jaron Engelmayer in einer neuen Folge des Religionspodcasts "Wer glaubt, wird selig". Engelmayer hebt aber zugleich die Sicherheitsfrage für den Staat Israel hervor. Solange es Staaten gibt, die Israel das Existenzrecht absprechen, könne es keinen Frieden geben. Friede gebe es nur auf der Grundlage der gegenseitigen Anerkennung und des gegenseitigen Respekts. In einem weiteren aktuellen Podcast geht es um das "Ökumenische Begleitprogramm in Palästina und Israel" (EAPPI) des Weltkirchenrates, an dem sich auch der Ökumenische Rat der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ) beteiligt. Die Freiwillige Christine Hödl berichtet über ihre Einsätze als Beobachterin in Jerusalem und in der Westbank.
Oberrabbiner Engelmayer zeigt sich im Podcast zuversichtlich, dass sich die Beziehungen Israels zu einigen Staaten in der Nahost-Region in Zukunft weiter normalisieren würden. Von der internationalen Staatengemeinschaft erwartet sich der Oberrabbiner zudem mehr Fairness Israel gegenüber. Es kritisiert, dass Israel von der internationalen Staatengemeinschaft unfair behandelt wird. Das zeige sich am deutlichsten beim UN-Menschenrechtsrat. Israel werde beständig für vermeintliche Menschenrechtsvergehen verurteilt, von Staaten verurteilt, in denen schlimme Menschenrechtsverletzungen offensichtlich seien. Das sei nicht zulässig, so Engelmayer. Israel sei ein demokratischer Rechtsstaat.
Zur Frage, wo Kritik am Staat Israel aufhört und Antisemitismus beginnt, verweist Engelmayer auf die "3-D"-Regel: Delegitimation, also die Verweigerung des Existenzrechts Israels, Dämonisierung und Doppelbewertung, "dass Israel mit anderen Maßstäben gemessen wird als andere Staaten".
Engelmayer nimmt im Podcast auch zur Frage des Beginns der Geschichte Israels Stellung. Ein säkularer Ansatz verorte diesen mit dem Beginn des modernen Zionismus Ende des 19. Jahrhunderts. Daneben gebe es das religiös-traditionell gefärbte Lager, so der Oberrabbiner: "Für uns hat dieses Land schon seit Jahrtausenden eine sehr zentrale Bedeutung." Das sei in der Tora belegt. Gott habe Abraham in das Land Israel geführt. Das zeige die viele tausend Jahre alte Bedeutung des Landes für das Judentum. Israel habe in dieser Zeit nie etwas von seiner zentralen Rolle eingebüßt, das jüdische Volk habe im Exil immer die Vision und das göttliche Versprechen gehabt, wieder dorthin zurückzukehren.
"Obwohl das jüdische Volk auf der ganzen Welt zerstreut war, verlor die Zentralität Israels nichts an Bedeutung", betont Engelmayer. Der Zionismus gründe darauf, die Sehnsucht der Menschen nach Israel aufzufangen und sie dorthin zurückzuführen. Ein jüdischer Staat an einem anderen Ort sei deshalb nicht denkbar. Engelmayer erinnert an den sechsten Zionistenkongress von 1903 in Basel, bei dem der britische Vorschlag diskutiert wurde, einen jüdischen Staat in Uganda zu gründen. "Die Mehrheit hat das abgelehnt, weil unsere Verbindung zu Israel mehrere Jahrtausende alt ist", so der Oberrabbiner.
Lebenswelt der Palästinenser
Vor allem aus der palästinensischen Perspektive beleuchtet ein weiterer Podcast den Konflikt im Heiligen Land. Der Ökumenische Rat der Kirchen in Österreich nimmt seit dem Jahr 2010 am "Ökumenischen Begleitprogramm in Palästina und Israel" (EAPPI) teil. Es werden Freiwillige aus aller Welt entsendet, die sich für ein Ende der Gewalt und ein friedliches Zusammenleben von Palästinensern und Israelis einsetzen.
Die EAPPI-Freiwilligen begleiten etwa palästinensische Kinder auf dem Weg zur Schule, sie begleiten Berufstätige auf dem Weg zu ihrem Arbeitsplatz oder Betende auf dem Weg in die Moschee. Sie sind zudem an den Checkpoints präsent, an denen die Palästinenser nach Israel einreisen müssen. Die Freiwilligen beobachten die Lage und berichten darüber. Vor Ort aktiv werden dürfen sie nicht. Die Steirerin Christine Hödl war bereits drei Mal als Freiwillige im Einsatz. Im Podcast berichtet sie über ihre persönlichen Erlebnisse - positive wie auch viele bedrückende - und über die Probleme, denen sich die Palästinenser gegenübersehen.
Zur Frage nach Friedensperspektiven für Israel und Palästina verweist Hödl auf das Kairos-Palästina-Dokument. Im Dezember 2009 veröffentlichten namhafte Kirchenführer verschiedenster christlicher Kirchen in Palästina ein gemeinsames Konsens-Dokument zum palästinensisch-israelischen Konflikt, das seither in viele Sprachen übersetzt und vom Ökumenischen Rat der Kirchen in Genf weltweit verbreitet, eine große Wirkung entfaltet; das freilich auch höchst kontrovers diskutiert wurde und wird. Das Dokument wollte schon vom Titel her bewusst an das "Kairos-Dokument" der südafrikanischen Kirchen aus dem Jahre 1985 erinnern, das seinerzeit bei der Überwindung der Apartheid eine enorme Rolle gespielt hatte. Damit wurden und werden u.a. auch Parallelen zwischen der südafrikanischen Apartheidpolitik und der israelischen Politik gegenüber den Palästinensern hergestellt.
Den dezidierten Vorwurf der Apartheid hatte im Sommer 2022 auch nochmals die palästinensisch-christliche Initiative "Kairos-Palästina" vorgebracht. Das 28 Seiten umfassende Dokument mit dem Titel "Das System der Apartheid in Israel. Ein dringender Aufruf an die Kirchen in aller Welt, Gerechtigkeit zu üben" wirft Israel vor, ein Apartheid-Regime zu sein. Zu den Unterzeichnern zählte beispielsweise auch der emeritierte Patriarch von Jerusalem, Michel Sabbah.
Dieses Dokument war jüngst auch vom Journalisten Ben Segenreich in einer Folge des Podcasts "Wer glaubt, wird selig" heftig kritisiert worden. "Apartheid war ein spezifisches, rassistisches Problem in Südafrika und damit hat Israel nicht das Geringste zu tun." Natürlich gebe es auch gerechtfertigte Kritik an Israel, es sei aber wichtig aufzuzeigen, wenn Anschuldigungen ungerechtfertigt seien und mit zweierlei Maß gemessen werde. Das betreffe auch die Berichterstattung in den Medien, die oft sehr einseitig sei, so Segenreich.
Wie Oberrabbiner Engelmayer betonte auch Segenreich, dass Israel ein westlich geprägter demokratischer Staat mit Wahlen, Frauenrechten und Pressefreiheit sei. "Das alles gibt es in den Nachbarländern in der Region nicht", so Segenreich, der auch kritisierte, dass Israel international immer wieder ungerecht behandelt werde.
Quelle: Kathpress