Patriarch: Ohne Einheit hat Christentum in Nahost keinen Bestand
Allein die Einheit der Christen in Nahost kann ihr Überleben in der Region garantieren: Davon ist der chaldäische Patriarch Kardinal Louis Raphael Sako überzeugt. In seiner aktuellen Botschaft zur Gebetswoche für die Einheit der Christen (18. bis 25. Jänner) appelliert der irakische Kardinal deshalb laut Pro-Oriente-Pressedienst (Dienstag) auch eindringlich an die Kirchen in der Region, die Bemühungen um diese Einheit zu intensivieren.
Sakos Aufruf, der auch vom vatikanischen Fides-Nachrichtendienst ausführlich wiedergegeben wurde, trägt den Titel "Die Ostkirchen brauchen frischen Wind". Der Patriarch geht auf die aktuelle Lage ein und skizziert Zukunftsperspektiven der christlichen Gemeinschaften in der Region.
Die Christinnen und Christen des Nahen Ostens seien aufgerufen, "Wachsamkeit" in Ländern zu üben, "die von Konflikten, Diskriminierung und Gewalt geprägt sind und die Auswanderung und Migration fördern", so Sako. Der Einheit der Christen müsse "angesichts der Dringlichkeiten der Gegenwart" auch kirchenpolitisch neue Priorität eingeräumt werden.
Einheit und Geschwisterlichkeit bedeuten laut dem Patriarchen kein Abtöten oder Aufheben des Reichtums der unterschiedlichen theologischen, liturgischen und spirituellen Traditionen. Sako rät davon ab, sich zu sehr an "unwesentlichen Unterschieden" festzuhalten, statt "Demut und geschwisterliche Begegnung" zu kultivieren. "Fanatismus und Angst" müssten überwunden werden. "Als Konstantinopel belagert wurde", warnt der Patriarch mit Bezug auf die Geschichte, "diskutierten die byzantinischen Theologen über das Geschlecht der Engel!"
"Das Bekenntnis zum gleichen Glauben an Christus muss Wege der Einheit aufzeigen und helfen, Spaltungen und Misstrauen zu überwinden", so der chaldäische Patriarch wörtlich.
Die christlichen Gemeinschaften seien in den Ländern des Nahen Ostens "auf fatale Weise von der Gesellschaft, in der sie leben, abhängig". Die Gesetzgebung in den mehrheitlich muslimischen Ländern scheine "in einem konfliktreichen Verhältnis zu den Phänomenen der Moderne" und "für immer auf der Grundlage religiöser Lehren und Regeln festgelegt" zu sein, charakterisiert der chaldäische Patriarch die herausfordernden Lebensumstände der christlichen Minderheiten in der Region. Er beobachte eine "Konkurrenz zwischen den verschiedenen kirchlichen Traditionen" und eine "völlige Überschneidung zwischen ethnisch-nationaler Identität und kirchlicher Zugehörigkeit", so Sako.
Der Patriarch kritisiert auch den eigenen kirchlichen Klerus. "In der Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr habe ich die Briefe der Priester gelesen, ihre Predigten gehört, ihre Fernsehinterviews gesehen und bin auf veraltete Ideen gestoßen: Was sie sagten, schien keinen Bezug zur heutigen Realität zu haben." So berührten die Worte so vieler Predigten und kirchlicher Ansprachen "weder die Gefühle der Empfänger, noch nähren sie ihre Hoffnung, noch spenden sie Trost und Erfrischung". Und wenn die Situation so weitergehe, "werden künftige Generationen ohne Glauben sein", warnt Sako.
Quelle: Kathpress